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Interview mit Sondergesandten der Bundesregierung für die Länder des westlichen Balkans, Herrn Manuel Sarrazin

Manuel Sarrazin

Manuel Sarrazin, © picture alliance / Geisler-Fotopress

12.09.2022 - Interview

Klix.ba, Chefredakteur Semir Hambo

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1. Sie haben vor kurzem in einem gemeinsamen Namensartikel mit dem Gesandten Großbritanniens für den Westbalkan über die zentralen Probleme und Herausforderungen in BiH geschrieben. Was ist die Bundesregierung bereit zu tun, um die Drohungen mit der Sezession der Entität Republika Srpska, mit der territorialen Neuordnung zu stoppen, und um Bosnien und Herzegowina voranzubringen?

Deutschland steht fest an der Seite Bosnien und Herzegowinas und aller Menschen, die diesen Staat zu einem Erfolg machen wollen. Viele Deutsche haben familiäre Wurzeln hier. Die menschlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Verbindungen zwischen unseren Ländern sind stark. Unsere bilateralen Beziehungen sind eng und vertrauensvoll. Wir haben Bosnien und Herzegowina umfangreich und vielfältig unterstützt.

Die Bundesregierung hat daher mehrfach deutlich gemacht, dass Bedrohungen von Bosnien und Herzegowinas Staatlichkeit nicht unbeantwortet bleiben können. Zusammen mit unseren nationalen und internationalen Partnern unterstützen wir Bosnien und Herzegowina auf seinem Weg in europäische und euroatlantische Strukturen. Für diesen Weg braucht es eine Regierung in diesem Land, die die Herausforderungen ernsthaft angeht und ihren Job macht. Eine Blockade- oder Sezessionspolitik schadet dem Land und seinen Menschen. Sie schreckt auch Investoren ab.

2. Trotz Unterminierung des Staates, verfassungswidrigen Gesetzen, die er verabschiedet hat, hat Deutschland gegen Dodik keine Sanktionen verhängt? Wieso? Dodik blockiert nun das Agrément des deutschen Botschafters. Wie wird Deutschland nun reagieren?

Ich wünsche mir, dass unser Botschafter Thomas Fitschen schnell seinen Posten in Sarajewo antreten kann. Die neue Bundesregierung hat einen Schwerpunkt auf den Westbalkan gelegt und wir wollen in den kommenden Wochen aktiv dazu beitragen, den Weg des Landes in Richtung der EU zu verstärken. Dafür brauchen wir unseren Botschafter vor Ort. Die bisherige Weigerung durch Herrn Dodik, dem deutschen Botschafter das Agrément zu erteilen entspricht weder diplomatischen Gepflogenheiten noch den traditionell engen und starken bilateralen Beziehungen zwischen unseren Ländern. Wenn Herr Dodik denkt, dass man uns aus egoistischen wahltaktischen Motiven provozieren kann, dann liegt er damit falsch. Sein Vorgehen schadet der Freundschaft zwischen unseren Ländern und lässt den Respekt vermissen, den wir gegenüber den Vertreterinnen und Vertretern unseres Landes erwarten und der überall auf der Welt common sense ist.

3. Erwägt Deutschland eine Art finanzieller Bestrafung für Dodik und die RS?

Deutschland hat bereits deutlich gemacht, dass deutsche Steuergelder nicht mehr in eine Entität fließen werden, die aktiv den Staat Bosnien und Herzegowina unterminiert und nach Aussage von Herrn Dodik die Sezession anstrebt. Wir halten mit unseren europäischen Partnern umfangreiche finanzielle Unterstützung von Projekten in der RS zurück und werden dies auch fortsetzen, solange die politische Führung dieser Entität den Frieden infrage stellt.
4. Unterstützt Deutschland in diesem Moment den Hohen Repräsentanten bei der Durchsetzung der Änderung des Wahlgesetzes und der FBiH-Verfassung? Es sieht so aus, als würde man nur auf grünes Licht aus Berlin warten.

Deutschland steht hinter der Friedensordnung für Bosnien und Herzegowina. Die Funktion des Hohen Repräsentanten ist als integraler Bestandteil darin verankert. Deutschland steht fest hinter dem Hohen Repräsentanten Christian Schmidt. Seine bisherigen Beschlüsse haben dazu beigetragen, die Wahlen am 2. Oktober zu ermöglichen und sie transparenter zu machen. Ich würde aber keine weiteren Änderungen am Wahlgesetz so kurz vor dem Wahltermin wollen.

Bosnien und Herzegowina muss sein Wahlgesetz reformieren und entsprechende Urteile des europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte umsetzen. Klar ist auch, dass es dabei zu keiner Vertiefung der ethnischen Spaltungen kommen darf und das Ergebnis der Wahlen akzeptiert werden muss. Die staatlichen Institutionen dürfen nicht blockiert werden. Deutschland ist als Mitglied des Peace Implementation Council in enger Abstimmung mit dem OHR und unseren internationalen Partnern bereit, diesen Prozess auch weiterhin zu unterstützen.


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