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Deutschland und Bosnien und Herzegowina – bewährte Partner beim humanitären Minenräumen und bei der Minenopferhilfe
Namensartikel Botschafter Dr. Thomas Fitschen
Die Beseitigung von Minen als Überbleibsel kriegerischer Konflikte in vielen Teilen der Welt hat für Deutschland eine besondere Priorität. Deshalb übernehmen wir 2023 auch den Vorsitz der Ottawa-Konvention (Abkommen zum Verbot von Antipersonenminen). In BiH engagiert sich Deutschland bereits seit 25 Jahren beim humanitären Minenräumen. In dieser Zeit sind etwa 43 Millionen Euro in verschiedenste Projekte geflossen, um im ganzen Land verminte Flächen zu räumen. Damit werden sie wieder für die lokale Bevölkerung nutzbar, sei es für die Landwirtschaft, Brennholzgewinnung, den Tourismus - oder auch nur, damit Kinder wieder gefahrlos spielen oder Wanderer sich ohne Gefährdung dort bewegen können.

Die Beseitigung von Minen ist das eine – aber wer kümmert sich um diejenigen, die auch heute noch, Jahre später, von Minenexplosionen verletzt werden? Deutschland hilft auch hier, durch Unterstützung der Rehabilitation von Minenopfern. Menschen, die Arme oder Beine durch Minenunfälle während des Krieges - häufig aber auch erst lange danach - verloren haben, sind in ihrem täglichen Leben, aber besonders bei der Teilnahme am Arbeitsprozess, erheblich eingeschränkt. Erst die Ausstattung mit modernen, zeitgemäßen Prothesen – in Verbindung mit individueller medizinischer Behandlung – ermöglicht es ihnen, trotz ihrer körperlichen Handicaps wieder ein zufriedeneres Leben zu führen und sogar wieder arbeiten zu können. Deutschland hat dafür in den letzten zwei Jahren rund eine halbe Million Euro bereitgestellt. In Verbindung mit lokalen Partnerorganisationen wie der NGO MDDC (Mine Detection Dog Center) wurden damit für betroffene Personen aus allen Landesteilen und allen Bevölkerungsgruppen von BiH Prothesen bereitgestellt. Sie werden nach neuesten und modernsten internationalen Standards individuell auf die Bedürfnisse der einzelnen Betroffenen angepasst. Ich habe in dieser Woche 16 bemerkenswerte Menschen, die gerade ihre neuen Prothesen erhalten haben, in meiner Residenz empfangen und durfte ihren schicksalhaften Geschichten zuhören. Darunter waren auch der Nationalspieler Mirza Duran und der ehemaliger Trainer Mirsad Mirojevic des BiH- Sitzvolleyballteams, die gerade im November 2022 Vizeweltmeister geworden sind. Sie haben mir versichert, dass sie ohne die Hilfe aus Deutschland nie so weit gekommen wären.
Solche Erlebnisse sind es, die meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Botschaft hier in Sarajewo motivieren, sich trotz vielfältigster administrativer Schwierigkeiten, die sie durch die Behörden in BiH bei der Hilfe für Minenopfer mitunter erfahren, Tag für Tag weiterhin zu engagieren.
Unterstützung durch internationale Partner beim Minenräumen wird für BiH auch in den kommenden Jahren wichtig bleiben. Deutschland ist bereit, sich weiter zu engagieren. Es sollte sich neben verschiedenen internationalen Geldgebern aber auch die Regierung von BiH noch stärker in diesem Bereich engagieren. Und hier denke ich nicht nur an die Bereitstellung von Haushaltsmitteln für das Minenräumen. Auch organisatorisch wäre vieles noch zu verbessern. So würden zum Beispiel gesetzliche Regelungen, die verbindliche Regeln auch für die Einstellung von zivilen Minenopfern nach erfolgreicher Rehabilitation z. B. im öffentlichen Dienst vorschreiben, Vielen helfen, sich wieder leichter in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Aber auch die Bereitstellung von Personal ist dringend notwendig, zum Beispiel für die staatliche Minenräumbehörde BH MAC, wo die Zahl der Neueinstellungen seit Jahren nicht ausreicht, um diejenigen zu ersetzen, die in den Ruhestand gehen.
In vielen Regionen in BiH wird die wirtschaftliche Entwicklung in den Gemeinden und Kommunen immer noch verhindert, wenn dort weiter verminte Flächen vorhanden sind.
Exemplarisch will ich hier die Region Majevica nennen. Fünf Gemeinden, drei aus der Föderation und zwei aus der RS, haben sich dort über ethnische Grenzen hinweg zusammengeschlossen, um regional den Tourismus in dieser beeindruckenden Landschaft zu fördern. Interessierte Investoren, die sich engagieren wollen, gibt es bereits. Aber immer noch 26 Minenverdachtsflächen in den Gemeinden machen Investitionen bisher unmöglich. Hier packt Deutschland mit an: wir stellen bis Ende 2024 insgesamt rund 9,7 Millionen Euro bereit, um alle diese Flächen räumen zu lassen. Danach können dann verschiedene touristischen Projekte – wie etwa ein circa 40 km langer Mountainbike-Trail oder verschiedene Skipisten – angegangen werden.
Damit öffnet für mich das Minenräumen 27 Jahre nach Ende des Krieges noch eine ganz andere Perspektive: es leistet nicht nur einen Beitrag zu mehr Sicherheit für die Bevölkerung, sondern wird auch zu einem Instrument der Versöhnung. Das ist ein weiterer Grund dafür, dass Deutschland BiH auf seinem Weg in eine komplett minenfreie Zukunft auch weiter begleiten wird.